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© Antje Dorn / VG Bild-Kunst, Bonn 2014 [all rights reserved]
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Die Serie "Bauten“ (2013/2014) besteht bis jetzt aus 25 Gemälden, Öl auf Leinwand in verschiedenen Formaten.

Abb. oben von l. nach r.: #23, 220x180 cm, Öl auf Leinwand 2014; #24, 220x180 cm, Öl auf Leinwand 2014; #15, 60x50 cm, Öl auf Leinwand, 2013
antje dorn bauten  ausstellungsphoto galerie m bochum

Antje Dorn | François Perrodin

Galerie m Bochum
11. April bis 9. August 2014
Eröffnung: 11.4.2014

www.m-bochum.com


Text zur Ausstellung / Exhibition Text: Katja Tallner
Übersetzung / Translation: Jennifer Taylor


Die Ausstellung stellt einen Dialog zwischen Antje Dorns Malereien der neuen Serie „Bauten“
und Werken von François Perrodin her. Die Galerie m lässt sich damit auf eine experimentelle
Konstellation zweier sehr unterschiedlicher Werkkomplexe ein, die neue und überraschende
Sichtweisen und Einsichten verspricht.
Die Berliner Künstlerin Antje Dorn (*1964 Aachen) nutzt in ihrer neuen Serie „Bauten“ die
Gestaltungsfreiheiten der Malerei, um Architekturfantasien zu entwickeln. Ihre spielerisch
anmutenden Konstruktionen widersetzen sich der Logik der Schwerkraft und schweben
scheinbar vor dem monochromen Hintergrund, wie durch ein Gravitationsfeld zusammengehalten.
Die Baukörper, frei erfundene Architekturkomplexe aus Quadern und Würfeln, Swimming
Pools und Aussichtsplattformen, Treppen und Rampen, wirken in ihrer Gesamtheit geschlossen
und ausbalanciert. Sie stehen erhaben über der Landschaft und sind nur minimal mit
einem meist kargen Felsen verbunden oder gar losgelöst von ihm, wodurch sie den Eindruck
von Schwerelosigkeit vermitteln.
Immer wieder findet sich ein Wechselspiel zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit.
Vereinzelte Farbflächen, die sich nicht deuten lassen, verweisen auf die Autonomie der Malerei,
die keine abbildende Funktion haben muss und nur ihren eigenen Gesetzen folgt.
Die Bilder zeugen von einem experimentellen Umgang mit der Perspektive. Die verschiedenen
Blickwinkel, die dadurch entstehen, führen zusammen mit den kräftigen Farben zu einer
lebendigen Wirkung. Zudem sind die formale Reduktion und die monochromen Flächen
Ausdruck eines spezifischen Zeichenverständnisses, das die Wahrnehmung leitet und Sinn
stiftet.
Wie auch in der Landschaftsserie „Milkyway“ findet sich auch hier das Absurde als erzählerisches
Element wieder, wenn zum Beispiel Rampen wie Sprungbretter in den leeren Raum
ragen oder die einzelnen geometrischen Formen eine eigenständige Beweglichkeit entwickeln.
Die monochromen Wandobjekte von François Perrodin (*1956 Guadeloupe, lebt und arbeitet
in Paris) treten vor dem weißen Hintergrund deutlich hervor und begegnen dem Betrachter
unmittelbar. Während die Werke frontal gesehen als bemalte polygonale, rechtwinklige
Flächen erscheinen, verändert sich deren Kontur mit der Bewegung des Betrachters kontinuierlich.
„Das Objekt bleibt selbstverständlich dasselbe, doch die Art, wie wir es betrachten,
wird durch den Kontext verändert“, wie es der Künstler selbst formuliert.
Die dunklen, opaken Grautöne, denen auch Grün, Blau oder Violett beigemischt ist, lassen
keinen Pinselduktus erkennen. Sie sind so gewählt, dass sie entsprechend der Form ihres
Bildträgers das Spiel von Licht und Schatten zulassen und damit auf die Gegebenheiten des
Raumes mit seinen Lichtverhältnissen reagieren. Gleichzeitig absorbiert die matte und
gleichmäßige Malschicht das Licht, wodurch der Gegenstand massiv und schwer wirkt – wie
auch die einzelnen Elemente der Arbeit „76.1“. Die zwölf Quadrate, die sich in der Größe
und in den Farbtönen subtil unterscheiden, folgen mit ihrer Positionierung einem virtuellen
Raster. Die regelmäßige Anordnung und Zentrierung auf den Kreuzungspunkten sowie die
Ausgewogenheit der quadratischen Einzelform an sich steht im scheinbaren Widerspruch zu
der Wahrnehmung durch den Betrachter. Die Quadrate werden optisch in Schwingung versetzt
und vermitteln ein Gefühl von Leichtigkeit und Bewegung – ein Phänomen, das sich
auch in der Betrachtung der Werke von Antje Dorn beobachten lässt.
François Perrodin definiert für jede Serie Kriterien, die Aussagen zur Beschaffenheit der
Oberfläche, den auf Zahlenverhältnissen basierenden Proportionen und zu den Farbwerten
und deren Zusammenspiel treffen. Die Werke sind trotz dieser rationalen Komponenten von
einer unbestimmbaren Wahrnehmung geprägt. Sie erschließen sich auf intuitivem Wege und
immer wieder neu.
So unterschiedlich die beiden ausgestellten künstlerischen Positionen auf den ersten Blick
sind, so überraschend ist es, dass sich durch die Gegenüberstellung der Werke von François
Perrodin und Antje Dorn Parallelen zeigen. Sie reichen von formalen Überlegungen bis hin
zur Frage nach dem Gegenstand und dessen Wirkung.
In beiden Werken lässt sich ein Wechselspiel zwischen rationaler Verifizierbarkeit und der
intuitiven Wahrnehmung beobachten. Die Objekte Perrodins beruhen auf präzisen Definitionen,
die sich auf theoretischem Wege nachvollziehen lassen. Diese Voraussetzung steht in
einem gewissen Widerspruch zu ihrer Wahrnehmung. Während wir die Flächen und Formen
im ersten Moment als stabil und ruhig empfinden, vermitteln sie bald eine Offenheit, die sich
in ständiger Veränderung manifestiert. Dorn schafft auf intuitive und fantasievolle Weise Architekturbilder,
die wir aufgrund ihrer Gestaltung und Komposition als ausgewogen und
stimmig empfinden. Hierbei scheint es unwesentlich zu sein, dass die Konstruktionen keinen
physikalischen Gesetzmäßigkeiten folgen.
In beiden Fällen stellt sich unser Eindruck als flüchtig und instabil heraus. Antje Dorn und
François Perrodin konfrontieren uns mit der Frage nach dem, was wir sehen, und dem, was
ist.

Antje Dorn | François Perrodin
Exhibition from 11 April to 9 August 2014

The exhibition creates a dialogue between Antje Dorn’s new painting series, “Bauten,” and
works by François Perrodin. Galerie m is thus venturing an experimental constellation of two
very different work complexes that promises viewers some new and surprising perspectives
and insights.
The Berlin artist Antje Dorn (b. 1964 in Aachen) avails herself of the creative freedom
inherent to painting to develop architectural fantasies in her new series “Bauten”. These
whimsical structures defy the logic of gravity and seem to float before a monochrome
background, held together as if through a gravitational field.
The freely invented architectural complexes made up of cuboid volumes and blocks, swimming
pools and observation decks, stairs and ramps, seem in their totality to be quite self-contained
and balanced. They are sublimely elevated above the landscape, only tenuously connected to
a usually barren rocky crag, or even released from it entirely, giving the impression of
weightlessness.
Abstraction and figuration intermingle here. Scattered patches of colors defy definition,
alluding to the autonomy of painting, which follows its own laws and does necessarily have to
have an illustrative function.
The pictures manifest an experimental handling of perspective. The diverging angles that
result, together with their bold hues, lend them an animated feel. The images’ formal reduction
and monochrome surfaces furthermore express a specific understanding of the power of
symbols to direct our perception and lend meaning.
As in the landscape series “Milkyway,” the absurd turns up here again as a narrative element,
when for example ramps rise up as springboards into empty space or individual geometric
shapes develop their own independent movement.
The monochrome wall objects by François Perrodin (b. 1956 in Guadeloupe, lives and works
in Paris) clearly stand out against the white ground, facing off directly with the viewer. While
the works are perceived head-on as painted polygonal, angular surfaces, as soon as the
viewer moves through the room, their contours begin to change. “The object remains the same
of course, but the way we see it is altered by the context,” is how the artist himself puts it.
The dark, opaque shades of gray, with which green, blue or violet are intermixed, reveal no
brushstrokes. They are designed to invite a play of light and shadow across the surfaces
corresponding to the shape of the picture support and hence respond to the surrounding
space with its particular lighting conditions. At the same time, the matte and uniform layer of
paint absorbs the light, making the object appear massive and heavy – just like the individual
elements of the work “76.1.” These twelve squares, which differ subtly in size and tonality, are
placed on a virtual grid. The regular arrangement and centering on intersection points, as well
as the equilibrium of each individual square on its own, stand in apparent contrast to how the
whole is perceived by the viewer. Optically, the squares seem to vibrate, conveying a feeling
of lightness and movement – a phenomenon that can also be observed when contemplating
the works of Antje Dorn.
François Perrodin defines criteria for each series with respect to the surface qualities, the
proportions, which are based on numerical ratios, and the color values and their interaction.
Despite these rational components, however, the perception of his works defies our
comprehension. We can only grasp them intuitively, and do so in continually changing ways.
As different as the two artistic approaches on view may be at first glance, it is just as surprising
to discover the parallels that are revealed by the juxtaposition of the works of François
Perrodin and Antje Dorn. These common threads range from formal considerations to the
question of the object and its effect in space.
Both bodies of work evoke an interplay between what is rationally verifiable and what can only
be sensed intuitively. Perrodin’s objects are based on precise definitions, which can be traced
and understood theoretically. However, this condition contradicts how we actually perceive
them. While the surfaces and forms at first give an impression of stability and quiet immobility,
they soon reveal an openness that manifests itself in constant oscillation. Dorn creates in her
intuitive and imaginative fashion architectural images that at first seem to satisfy our
expectations of balance and coherence. It doesn’t seem to matter that the structures defy all
physic laws.
In both cases, our impressions turn out to be volatile and unstable. Antje Dorn and François
Perrodin confront us with the question of what we are seeing and what it actually is.

Installationsansicht der Serie / Installation view of the series Bauten (Detail, #15, #21, #22, #7, #14, #24) in der Ausstellung
Antje Dorn I François Perrodin, Galerie m Bochum, Bochum 2014
antje dorn - bauten - galerie m bochum
Installationsansicht der Serie / Installation view of the series Bauten (#23, #2) in der Ausstellung
Antje Dorn I François Perrodin, Galerie m Bochum, Bochum 2014
antje dorn - bauten -  ausstellungsfoto - galerie m bochum
Installationsansicht der Serie / Installation view of the series Bauten (links: #21, #22, #7, #14, #23. rechts: #20, #16) in der Ausstellung
Antje Dorn I François Perrodin, Galerie m Bochum, Bochum 2014
antje dorn - bauten - galerie m bochum
Installationsansicht der Serie / Installation view of the series Bauten (#2, #4, #3, #8) in der Ausstellung
Antje Dorn I François PerrodinGalerie m Bochum, Bochum 2014
ausstellunsphoto dorn / perrodin galerie m bochum
Installationsansicht der Serie / Installation view of the series Bauten (# 4,#3, #8) in der Ausstellung
Antje Dorn I François Perrodin, Galerie m Bochum, Bochum 2014
antje dorn - bauten - galerie m bochum
Installationsansicht der Serie / Installation view of the series Bauten (#6, #25, #1, #13, #18, #17) in der Ausstellung
Antje Dorn I François Perrodin, Galerie m Bochum, Bochum 2014
Ausstellungsphotos: Eric Jobs, Antje Dorn